Das Wort „Sweatshops“ ist kein Jugendbegriff für anabolikaschwangere Muckibuden, auch nicht für schicke Workoutcenter oder Fitnessstudios. Sweatshops, das ist die Bezeichnung für Produktionsbetriebe, die ihre Näherinnen und Näher im unterbezahlten Akkord arbeiten lassen, ihnen die grundlegenden Arbeitsplatz- und Menschenrechte am Arbeitsplatz vorenthalten, kurz: sie gnadenlos ausbeuten. Mal ehrlich: T-Shirts für Fünf Euro, Fleece für 9,95 oder Laufschuhe für 19,95 – und vieles mehr zu Schnäppchenpreisen – lassen sich nicht mit fairen Löhnen oder menschenwürdigen Arbeitsbedingungen produzieren, sondern vermutlich nur mit Ausbeutung.

Gier, Chaos und Druck

Die Ursachen für die Ausbeutung finden sich dabei in den allermeisten Fällen nicht in den Strukturen der Produktionsländer, sondern bei uns. Die Gier nach immer höheren Dividenden und Gewinnspannen ist eine der Ursachen. Das Chaos in den internen Ablaufstrukturen und Arbeitsvorbereitungen fördert ebenfalls die Ausbeutung. Häufig ist es so, dass z.B. die Näherinnen in den Produktionsstätten die Versäumnisse und Schlampereien schlecht vorbereiteter Produktionsabläufe oder schlicht der kostengünstigen Just-in-Time-Lieferung durch erzwungene, unbezahlte Überstunden auffangen müssen. Der zunehmende Druck auf die Produzenten, immer billiger zu sein, immer schneller zu liefern, geht Hand in Hand mit Preisdrückerei, die hierzulande immer noch als Auszeichnung „erfolgreicher“ Manager gesehen wird und die dritte Ursache der Ausbeutung kennzeichnet.

Ausbeutung ist deshalb kein Phänomen, das unvorhersehbar aufgetreten ist, sondern Ergebnis einer bewusst herbeigeführten Aktion. Und genauso lässt sich Ausbeutung auch vermeiden. Man muss faire Arbeitsbedingungen und Löhne wollen, um sie umzusetzen. Die Firmen hier haben deshalb viel mehr Möglichkeiten für gerechtere Sozialstandards in den Produktionsstandorten zu sorgen als sie vorgeben oder wahrhaben wollen. Übrigens: Ausbeutung ist kein Privileg der Discounter, Multis oder Großkonzerne, auch wenn Preiskämpfe und „Geiz ist Geil“ Kampagnen die Ausbeutung geradezu billigend in Kauf nehmen.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Als ersten Schritt der Besänftigung kritischer Berichterstattung wurden sogenannte Verhaltenskodizes zu Papier gebracht, die man sich von den Produzenten unterschrieben ließ. Leider sind diese Kodizes meist das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, weil die Firmen sich aus der Kontrolle der Regeln herausmogeln und auch ihre eigenen unzulänglichen Abläufe nicht ändern. Ein wichtiger Schritt ist deshalb die externe Kontrolle der Sozialstandards, der Produktionsstandorte und der internen Arbeitsabläufe durch externe Organisationen. Doch auch diesen Kontrollen fehlt die Umsetzbarkeit und Glaubwürdigkeit, wenn nicht auch die Arbeitnehmerinteressen explizit berücksichtigt werden. Die mitgliedsstärkste Kontrollorganisation ist die „Business Social Compliance Initiative“ (BSCI), eine Initiative von „Einzelhandelsunternehmen und importorientierten Produzenten“ – also eine reine Industrieorganisation. Neben Aldi, Lidl, der Metro Group (REAL, Extra, Media Markt, Saturn, Galeria Kaufhof), der REWE Group (Rewe, Penny, Nahkauf, Toom, Promarkt), Deichmann Schuhe, OBI und Otto haben sich auch große Player wie Intersport und Globetrotter hier eingereiht. Die Standards, die die BSCI aufsetzt, basieren aber leider auf dem niedrigsten Niveau der zulässigen Standards und vermeiden Sanktionen, weshalb sie kaum Verbesserungen bewirken. Die Clean Clothes Campaign, eine der Kritikerinnen von Ausbeutung, bezeichnet die BSCI deshalb als Initiative, „die gegründet wurde, um dem drohenden Imageverlust großer Marken- und Handelsunternehmen wegen menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen in ihrer Zulieferkette vorzubeugen“.  ...