Qualität ist Grundlage, noch keine Garantie!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Hessen sind die Vorreiter im Qualitätskampf um attraktive Wanderwege. Als der Deutsche Tourismusverband in Kooperation mit dem Deutschen Wanderverband im Herbst 2002 mit dem Projekt "Wan-derbares Deutschland" zur nationalen Qualifizierungsoffensive für Deutschlands Wanderwege, Wanderhotels und Wanderprospekte blies, fehlten noch verbindliche Qualitätskriterien. Seit der diesjährigen Internationalen Tourismusbörse in Berlin (ITB) liegen, höchst wissenschaftlich detailliert erarbeitet und hinreichend begründet, anwendbare Checklisten vor. Rein theoretisch könnte nun mit einem ebenfalls nationalen Kraftakt selbst die monotonste Forstautobahn, der unsäglichste autobahn- oder straßenbegleitende Wanderweg rückgebaut, dramatisiert, möbliert, renoviert, renaturiert oder erlebnisadäquat umgestaltet bzw. umgelegt werden.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Erstens läßt sich ein nach tausenden von Kilometern zählendes Wegenetz, wie wir es in Deutschland haben, nicht ad hoc ändern, schon gar nicht rückbauen oder gar umlegen. Zweitens wäre zu klären, wer für die Erfassung der Qualitätsmerkmale eines Wanderweges zuständig ist, wer die zeitaufwendige Erarbeitung eines Qualitätszeugnisses bezahlt, wer die aufgezeigten Mängel behebt und wer die regelmäßige Kontrolle durchführt und finanziert. Daß selbst die Anwendung der von 33 auf 22 Merkmalskategorien reduzierten einfachen Kriterienliste nicht nach subjektiven Vorstellungen angewendet werden kann, ist ebenfalls klar. Wie aber, so müssen sich die Macher des Projektes fragen lassen, wird es nun weitergehen? Wer bildet die Wege- oder Hoteltester aus, wer ist in der Lage und bereit, Deutschlands Wanderwege zu testieren und mit welchem Geld werden die Wege-TÜVs bezahlt?

Schon ist aus einigen touristischen Regionen zu vernehmen, man werde vorläufig aus der touristischen Offensive am Markt aussteigen. Werden demnächst vor Deutschlands Wanderwegen Hinweisschilder darauf aufmerksam machen, daß die Nutzung dank vorläufig eingestellter Pflege nur noch Lebensmüden empfohlen werden kann, jedenfalls solange, bis die gesamte Infrastruktur den Prüfungsprozeß durchlaufen, die schlechten Wege geschlossen und die guten Wege umgebaut und aufgewertet wurden? Da kommt die hessische Qualitätsoffensive mit dem Tourismuschef Henning Laschke an der Spitze gerade richtig. Als bislang einziges Bundesland stellen die cleveren Hessen ausgesuchte Routenvorschläge vor, die sogar die Kür (das Wandersiegel) erfolgreich absolviert haben, also unter verschärften und erweiterten Beurteilungskriterien gute Noten bei den Testern erhielten.

Es bleibt zu wünschen, daß sich weitere Bundesländer, dazu die touristischen Schwergewichte unter Deutschlands Wanderparadiesen – egal ob im bayerischen Alpenraum, den deutschen Waldgebirgen oder Deutschlands Ostseeküste – zügig diesem Beispiel anschließen. Maximale Qualität der Wanderwege, und zwar der Dachmarkenwege, der naturräumlich bedeutsamsten Routen, garantieren zwar noch nicht den Erfolg, aber sie bilden eine, vielleicht die wichtigste Grundlage dafür.

In diesem Heft entführen wir Sie in den Bayerischen Jura, an die Ostseeküste zwischen Schwerin und Rostock, in die Lozère, in die Schweiz, nach Griechenland und erneut in den Schwarzwald. Wir setzen den Praxisbericht Sommerhosen fort und präsentieren 14 verschiedene Wandersocken.