Nun will ich keineswegs das Wandern mit einer Odyssee vergleichen oder gleichsetzen, aber welchen Grund hat die gestiegene Lust nach verlässlichen Gesetzmäßigkeiten, nach hautnahen Erfahrungen, wie sie sich beim Wandern als Tagesverlauf, als Wechselspiel von Wärme und Kälte, als Wind, Sonnenschein oder Regen präsentieren? Warum berührt uns der kurze Kreislauf von den Produkten auf den Feldern und Äckern zur kulinarischen Wirtshaustafel nebenan? Der britische Psychologie-Professor Constantine Sedikides führt in seinen Studien zur Erforschung der Retro-Sehnsüchte dieser Gesellschaft den Nachweis, dass wir diese Nostalgiesehnsucht zur Selbstverteidigung entwickeln. Damit, so belegen auch die Studien anderer Universitäten zum gleichen Thema, fühlen wir uns im Hier und Jetzt sicherer und besser. Je komplexer das Gefüge der Abhängigkeiten, je intensiver und bedeutungsvoller die Interaktionen im sozialen und beruflichen Umfeld, umso wichtiger scheinen „Ausflüge“ in die Einfachheit, in die geordnete und überschaubare Struktur von Unveränderlichkeiten (Verlässlichkeiten) zu sein. Wandern, das sei an dieser Stelle verraten, ist ein trefflicher Pfad zu sicheren Bezugs- und Erlebniswelten! Der moderne Wanderer als Tourist im Gestern? Warum nicht! Nostalgie, so lehrt uns der britische Forscher, hat nichts mit depressiver Grundstimmung, einer düsteren Vorahnung im Blick nach vorne oder mit Verteufelungen des Fortschritts und der Globalisierung zu tun.

Vielleicht erklärt dieser Drang nach „Bekanntem“, nach verlässlichen Bezügen auch die tendenziell höhere Ablehnung von Windkraftanlagen unter dem älteren Wanderpublikum. Eine Erkenntnis, die die Ostfalia-Hochschule in Bad Salzgitter im Rahmen einer Online-Befragung zutage förderte. Könnte sich der Nostalgiewunsch von jung und alt (altersbedingt unterscheidet sich die Retro-Sehnsucht nämlich nicht) in puncto erlebter Wirklichkeiten so auswirken, dass jüngere Zeitgenossen an Bilder verspargelter Landschaften einfach gewöhnt sind? Interessant ist das allemal. Richtig spannend geht es im neuen Wandermagazin zu. Zum Saisonstart legen wir ein 196 Seiten starkes Heft vor. Stolz sind wir auf die tolle Strecke zum Schwarzwald mit den wunderbaren Kappest-Bildern, die Erkenntnisse zu Bonus- und Gästekarten, neue Konzepte zur Mobilität oder auf die fränkische Wanderkrone.

Reinschauen, inspirieren lassen und dann ab die Post....

Michael Sänger Chefredakteur Wandermagazin

Herzlichst Ihr

Michael Sänger

Chefredakteur Wandermagazin